Thema „Sterbehilfe“ in Uedem

Thema „Sterbehilfe“ in Uedem

Thema „Sterbehilfe“ in Uedem

Zusammen mit dem CDU-Ortsverein Uedem hat der Evangelische Arbeitskreis (EAK) der CDU Niederrhein am 18. September 2015 einen prominenten Gast präsentiert: Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sprach auf einer Abendveranstaltung im Bürgerhaus Uedem über das Thema „Sterbehilfe“ – wie Prof. Dr. Jürgen Plöhn, Bezirksvorsitzender des EAK und Moderator des Abends, erläuterte, eine doppeldeutige Überschrift: Man kann sie als „Hilfe zum Sterben“ wie auch als „Hilfen beim Sterben“ verstehen. Die Uedemer Podiumsgäste ließen jedoch keinen Zweifel: Für sie kam nur die helfende Sterbebegleitung, nicht die Unterstützung einer Selbsttötung als Inhalt der Sterbehilfe in Betracht.

Dementsprechend stellte Gesundheitsminister Gröhe das in seinem Ministerium erarbeitete Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Gute Begleitung der Sterbenden zu sichern, müsse das Ziel menschenwürdiger Pflege im letzten Lebensabschnitt sein, nicht die Suche nach einem schnellen Tod. Hierzu verwies Gröhe auf medizinische Fortschritte wie auch auf Verbesserungen in der ärztlichen Ausbildung, die seit 2012 die Palliativmedizin als Pflichtprüfungsfach führe. Die Sachkosten der Hospizarbeit sollen künftig von den Krankenkassen getragen werden. Zu den schon erreichten rechtlichen Verbesserungen rechnete Gröhe auch die Stärkung der Patientenverfügungen.

Die Praktiker der Sterbebegleitung pflichteten ihm bei: Norbert Schürmann vom St. Josef-Krankenhaus in Moers sah das Ziel der Palliativmedizin darin, den Menschen möglichst lange ein Leben in ihrer vertrauten Umgebung zu ermöglichen. Nach seinen Beobachtungen steht auch für todkranke Menschen das Leben mit seinen vielen Facetten, nicht der Tod im Zentrum ihres Denkens. Sterben rufe Ängste hervor. Aber die könnten den Betroffenen weitestgehend genommen werden, wenn alle Mittel der medizinischen und seelsorgerlichen Begleitung auch flächendeckend eingesetzt werden. In Schürmanns langjähriger Berufspraxis sei nur ein Patient mit dem Wunsch nach aktiver Sterbehilfe an ihn herangetreten. Bei diesem habe es sich um einen medikamentös nicht eingestellten Depressiven gehandelt. Abgesehen von der ethischen Frage, die Schürmann für seine Person klar mit einer Verweigerung von Tötungen beantwortete, sah er nach seinen Praxiserfahrungen für aktive Sterbehilfe auch aus medizinischer Sicht keinen Bedarf. Hilfreich sei hingegen die rechtzeitige Vorsorge mittels einer Patientenverfügung, für die Schürmann nachdrücklich warb.

Die evangelische Prädikantin Eva Chiwaeze von der Hospiz-Initiative Wesel sah ebenfalls das Sterben mit der Angst vor einem Kontrollverlust verbunden. Die Öffentliche Diskussion werde allerdings weitgehend von „Ahnungslosen“ geführt, wie sie unter Hinweis auf einen Zeitungsartikel meinte. Von den tiefen spirituellen Erfahrungen im Umgang mit dem Tod komme in der Diskussion nichts vor. Nötig sei nicht nur die Betreuung der Sterbenden, sondern ebenso ihrer Angehörigen, die in ihrer Familie über die Pflegebedürftigkeit eines ihnen nahestehenden Menschen vielfach Spannungen erlebten und aushalten müssten.

Dies bestätigte auch Maria Küsters, die Gründerin der Malteser Hospizgruppe Goch/Uedem/Xanten/Sonsbeck: Der Tod als das stärkste Phänomen in der menschlichen Existenz ermöglicht in der Begleitung persönlichste Momente und letzte eigene Erfahrungen. Allerdings belaste dies die Angehörigen. Hingegen bestünden in Altersheimen besondere Probleme in der Vereinsamung ihrer Bewohner, da die Betreuung durch Pflegekräfte zu gering sei. Hier müssten ehrenamtlich tätige Begleiter, die zuhören und Einfühlungsvermögen zeigen, vielfach mangelndes Personal ersetzen. Trotz dieser bislang bestehenden Mängel in der Pflegebezweifelte Küsters jedoch die kursierenden Zahlen einer weitgehenden Bejahung aktiver Sterbehilfe in der Bevölkerung.

Dazu erläuterte der Moderator: Die Daten aus einer Repräsentativumfrage weisen deutliche Unterschiede in den Altersgruppen auf. Hochbetagte Menschen haben zur aktiven Sterbehilfe mehrheitlich eine wesentlich andere Einstellung als diejenigen, die im Erwerbsleben stehen. Vor allem die unmittelbar betroffenen Schwerstkranken erreiche man mit derartigen Umfragen überhaupt nicht. Nach Plöhns Ansicht werde das aber in der Öffentlichkeit nicht hinreichend beachtet.

Die Diskussion um die Neuregelungen zur Strafbarkeit organisierter, womöglich geschäftsmäßig betriebener Sterbehilfe rückte damit an den Rand. Sie wurde aber aus der Zuhörerschaft nochmals angesprochen und mit Hinweisen auf die Nähe zur belgischen und niederländischen Grenze angereichert. Während jedoch die Zahlen für assistierte Selbsttötungen nach Änderung der Rechtslage in den Nachbarländern stark angestiegen seien, wird aus Deutschland im Vergleich zu den jährlichen Todesfällen nur eine verschwindend geringe Anzahl von Fällen gemeldet, in denen Menschen in die Schweiz gereist sind, um sich dort bei ihrer Selbsttötung helfen zu lassen. Hermann Gröhe sagte für seine Person: Er trete für den Gesetzentwurf von Michael Brand, Kerstin Griese und anderen ein, der die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ unter Strafe stellen will. Auch wenn Eva Chiwaeze insofern einen etwas anderen Akzent setzte, als sie keinen Regelungsbedarf erkennen konnte, herrschte am Ende der vom Publikum aufmerksam verfolgten Diskussion Einigkeit darüber, dass in Deutschland Tötung auf Verlangen keine ärztliche Dienstleistung werden dürfe.