Notfallseelsorge – wozu sie gut ist

Notfallseelsorge – wozu sie gut ist

Notfallseelsorge – wozu sie gut ist

Notfallseelsorger – das sind sozusagen die „Kriseninterventionskräfte“ der evangelischen und der katholischen Kirche.

Die Neusser Kreisvorsitzende des EAK, Marion Violett-Puder, hatte Pfarrer Hartmut Marks als Kollegen aus dem EAK-Landesvorstand und das Team der Notfallseelsorge im Rhein-Kreis Neuss versammelt, um den Mitgliedern und Gästen des Evangelischen Arbeitskreises einen Eindruck von diesen mobilen Eingreiftruppen zu vermitteln. Es wurde ein beeindruckender Abend.

Ein Gründungsdatum für diesen Zweig übergemeindlicher kirchlicher Arbeit gibt es nicht, erläuterte Hartmut Marks. Große Unglücke wie die Flugschau von Ramstein (1988), der Flughafenbrand von Düsseldorf (1996), der entgleiste ICE bei Eschede (1998) oder die „Loveparade“ von Duisburg (2010) hätten Grenzen der Seelsorgeleistungen vor Ort bei Katastrophenfällen der Gegenwart gezeigt. Davon ausgehend habe sich die Notfallseelsorge entwickelt, wobei der Evangelischen Kirche im Rheinland eine Vorreiterrolle zugekommen sei.

Doch nicht immer sind es die großen Unglücksfälle oder schlagzeilenträchtigen Verbrechen wie der Amoklauf von Winnenden oder der Mord in der Neusser Arbeitsagentur, die den Dienst der Notfallseelsorger erfordern. In der Mehrzahl der Fälle werden die – ausgebildeten, aber meist ehrenamtlich tätigen – Kräfte wegen eines Ereignisses im privaten, häuslichen Bereich alarmiert: Da ist ein Dachdecker auf seiner Baustelle ums Leben gekommen und hinterläßt Frau und Kinder. Da trifft ein „Plötzlicher Kindstod“ die liebenden Eltern wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Da kommen Heranwachsende nicht mehr von einer fröhlichen Party nach Hause. Da nimmt sich ein Mensch zu Weihnachten das Leben. Da kommt ein Schüler zu Tode.

Die Notfallseelsorger begleiten Angehörige von Opfern, aber auch Augenzeugen, um die sich sonst keiner kümmert, da sie nicht selbst betroffen scheinen, die jedoch die Bilder eines Geschehens nicht aus dem Kopf bekommen und das Ereignis nicht in ihr Weltbild zu integrieren vermögen. Auch Polizisten, die eine Todesnachricht zu überbringen haben, und Einsatzkräfte von Johannitern, Maltesern, Rotem Kreuz und Feuerwehr brauchen immer wieder seelsorgerlichen Beistand. So hat die Notfallseelsorge im Rhein-Kreis Neuss in ökumenischer Zusammenarbeit jährlich knapp 200 Einsätze zu bewältigen.

„Der Mensch steht im Mittelpunkt“, betont Angelika Ludwig. Das gelte auch, wenn er Atheist oder Moslem ist und in seiner Religion seelsorgerischen Beistand gar nicht kennt. „Wir gehen zu den Menschen hin“, meint die evangelische Pfarrerin. Alarmiert über die Kreisleitstelle der Feuerwehr versuchten die Helfer, innerhalb von 20 Minuten vor Ort zu sein. Und auch wenn in unserer Gesellschaft eine kirchliche Bindung nicht mehr selbstverständlich ist, erfahren die Notfallseelsorger, daß sie in einer solchen Krisensituation bei allen willkommen sind. Menschliche Wärme und Nähe, aber auch eine mitgebrachte Kerze und ein Gebet können aufgewühlte, fassungslose Menschen beruhigen und im Sinne einer „Ersten Hilfe für die Seele“ stabilisieren. Das Vaterunser gibt auch heute Halt, wenn der Boden unter den eigenen Füßen wankt.